Interventionsleitfaden
Verhalten im Verdachtsfall
Grundsätzlich sollten im Verdachtsfall folgende Punkte beachtet werden:
- Ruhe bewahren: keine überstürzten Handlungen im Affekt, die betroffene Person zu nichts drängen, besonnen überlegen wer anzusprechen ist.
- Betroffenenorientiert handeln: Person ernst nehmen, Offenheit zeigen, nichts in Frage stellen, genau beobachten, transparent erläutern was die nächsten Schritte sind.
- Beratung einholen: an vereinsinterne PSG Ansprechperson oder direkt weitere Fachberatungsstelle wenden, ggf. zunächst mit anderen vertrauten Betreuer:innen sprechen. Generell gilt: Unterstützung holen.
- Vertraulichkeit bewahren, Vorsicht bei vorschnellen Anschuldigungen: Gerüchte vermeiden, vermeintliche:n Täter:in auf keinen Fall mit dem Verdacht konfrontieren, informierten Personenkreis klein halten.
- Alles Dokumentieren: sachliche Beschreibung der Gespräche, original Zitate notieren, keine eigenen Interpretationen einbringen, sondern bei Tatsachen bleiben.
- Information des Vereinsvorstands: mit dessen Unterstützung das weitere Vorgehen planen.
Weitere ausführliche Informationen wie bspw. einen Gesprächsleitfaden „Gesprächsstützen im Erstkontakt mit Betroffenen sexualisierter Gewalt“ sind auf den Internetseiten der Hamburger Sportjugend zu finden.
Interventionsleitfaden des Hoisbütteler Sportvereins
1. Vorgehen bei Verdachtsfällen
Verdachtsfälle sexualisierter Gewalt können von Mitgliedern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Vereins, Eltern sowie jeder anderen Person an die PSG-Ansprechperson(en) des Hoisbütteler Sportvereins gemeldet werden. Die Kontaktdaten sind unter Verein – Kontakte auf der Webseite des Vereins veröffentlicht.
Grundsätzlich nimmt die PSG-Ansprechperson die Sachverhalte entgegen und begleitet die betroffene Person vertraulich in der weiteren Aufarbeitung des Falls. Die PSG-Ansprechperson kooperiert im Verdachtsfall unmittelbar mit einer Fachberatungsstelle wie bspw. Zündfunke e.V. und sichert darüber eine qualifizierte Anlaufstelle außerhalb des organisierten Sports ab. Die Fachberatungsstelle und die PSG-Ansprechperson(en) des Hoisbütteler Sportvereins arbeiten Hand in Hand und in Absprache mit den Betroffenen, um einen Vorfall aufzuarbeiten. Betroffene Personen werden zudem aktiv auf Fachberatungsstellen wie bspw. Zündfunke e.V. hingewiesen. Je nach Fall nimmt die PSG-Ansprechperson zusätzlich Kontakt mit den zuständigen PSG-Personen aus der Sportjugend Schleswig-Holstein (sjsh) oder der Hamburger Sportjugend (HSJ) auf. Wenn sinnvoll und nötig, laden die Beratungsstellen und sjsh/HSJ betroffene Vertreter:innen von Vereinen oder Verbänden zu einem sogenannten „Runden Tisch“ ein, um gemeinsam einen Gesamtblick auf den Vorfall zu erlangen.
In Sachverhalten, bei denen ein polizeiliches und oder staatsanwaltliches Aktenzeichen gegen eine beschuldigte Person im Handlungsfeld des organisierten Sports vorliegt, unternimmt die HSJ/sjsh proaktiv Ansprachen der betroffenen Vereine und Verbände. In diesem Kontext verlangt die Vereinbarung zum Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen gemäß § 72 a SGB VIII (Vereinbarung gemäß § 72a SGB VIII) die beschuldigte Person „[…] von Kontakten mit Minderjährigen ausschließen; sofern dies nicht zu gewährleisten ist, ist die beschuldige Person für die Zeit des Ermittlungs- und Klagverfahrens gänzlich aus dem Verein auszuschließen.“ Dies dient ebenfalls dem Schutz der beschuldigten Person und zwar so lange bis ein Verfahren eingestellt wurde oder es zu einem Freispruch bzw. einem Schuldspruch gekommen ist. Bei einem Eintrag ins erweiterte Führungszeugnis hinsichtlich Sexualstraftaten gemäß der Vereinbarung § 72 a SGB VIII gilt der Ausschluss von Tätigkeiten im Kinder- und Jugendbereich.
2. Sofortmaßnahmen
Besteht für anvertraute Kinder und Jugendliche im Vereins- und Verbandssport Gefahr im Verzug sind Sofortmaßnahmen einzuleiten. Die betroffene Person und die beschuldigte Person müssen in einem solchen Fall umgehend voneinander getrennt werden. Verantwortliche der betroffenen Institution sind zeitnah zu informieren und über den Vorfall und die Dringlichkeit aufzuklären.
3. Einschaltung von Dritten
Die Einschaltung der Polizei obliegt in erster Linie den Betroffenen bzw. ihren Erziehungsberechtigten. Der Hoisbütteler Sportverein berät sich in dieser Frage mit den PSG-Ansprechpersonen der HSJ oder der sjsh und/oder einer weiteren Fachberatungsstelle für sexualisierte Gewalt (bspw. Zündfunke e.V.). In Sonderfällen behält sich der Hoisbütteler Sportverein eine Meldung beim Landeskriminalamt vor, auch wenn sich kein Betroffener gemeldet hat, aber es ernstzunehmende Auffälligkeiten gibt, die auf sexualisierte Gewalt hindeuten (u.a. auffällige Täter -Strategien, wiederholte Grenzverletzungen gegenüber eines anvertrauten Kindes oder Jugendlichen, Widersetzen gegen Auflagen des Vereins). Auch kann die Ansprache des Jugendamtes eine sinnvolle Option sein. Das gleiche gilt für die Einbeziehung des Sport-Fachverbandes, in dessen Sportart es zu grenzverletzendem Verhalten oder Übergriffen kam.
4. Datenschutz
Die Daten von Betroffenen und Beschuldigten werden vereinsintern streng vertraulich behandelt und zur Gefahrenansprache und -abwehr anonymisiert mit der PSG-Ansprechperson der HSJ oder sjsh und/oder der jeweiligen Fachberatungsstelle für sexualisierte Gewalt, den betroffenen Sport-Fachverbänden, Polizei und Staatsanwaltschaft sowie dem Jugendamt ausgetauscht. Eine Weitergabe von nicht anonymisierten Informationen erfolgt ausschließlich auf Basis gesetzlicher Grundlagen und nach vorheriger rechtlicher Beratung.
5. Aufarbeitung
Im Sinne aller involvierten Personen wird die Aufbereitung von Fällen sexuellen Kindesmissbrauchs gefördert. Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich unter anderem auf den Internetseiten der HSJ (Broschüre „Rechte und Pflichten: Aufarbeitungsprozesse in Institutionen“ der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs).
6. Rehabilitation
Ziel der Rehabilitation ist die vollständige Wiederherstellung der beruflichen Reputation einer fälschlich beschuldigten Person, die unter Verdacht stand. Die Herausforderung besteht darin, den Verdacht vollständig auszuräumen und das Vertrauensverhältnis zwischen der beschuldigten Person und den involvierten Personenkreisen (z.B. Kolleg:innen, Mannschaft, Vorstand, Eltern) wiederherzustellen.
Im Falle der Rehabilitation werden alle Stellen über diesen Umstand informiert, die Kenntnis vom Verdachtsfall erlangt haben. Die Zuständigkeit hierfür obliegt der Leitung des Vereins/Verbands. Alle Personen und Dienststellen, die vorab im Zuge der Interventionsmaßnahmen informiert wurden, sind über die Aufklärung des unbegründeten Verdachts zu informieren. Die zuvor beschuldigte Person kann Wünsche für weitere Maßnahmen zur Rehabilitation äußern. Externe Unterstützung, beispielsweise durch Beratungsstellen oder Supervision, kann hinzugezogen werden.